Rede
Diana Gläßer
Bundesvorsitzende VelsPol Deutschland
 

Liebe Anwesende, liebe Ehrengäste

 

„Meine Eltern haben mich und meine Geschwister mit viel Liebe zu anständigen Menschen erzogen. Eine intakte Familie ist auch ein Idealbild von Dreiviertel der Deutschen. In der inShell Studien über die Zukunftswünsche unserer Kinder, stehen gute Freunde und Familie ganz weit oben. Gerade wegen aller Probleme um sie herum die Kinder hierzulande wollen sie nicht nur einen guten Job, eine heile Familie. Sie wollen eine traditionelle Familie. Sie wollen Mama und Papa.“

Wenn Sie die Medien verfolgt haben, werden Sie schon festgestellt haben, dass das nicht meine Worte sind. Sie lösen sogar beim Zitieren bei mir ein gewisses Unbehagen aus. Es sind die Worte von Claudia Pechstein, die sie vor laufender Kamera in ihrer Uniform der Bundespolizei am 18.06.2023 gesprochen hat. Mit diesem Auftritt hat sie es in viele renommierte Nachrichtensendungen geschafft. 

Damit nicht genug, sprang ihr dann auch noch ein einflussreicher Politiker zur Seite. In der Sendung Berlin direkt, verteidigt Friedrich Merz die Rede von Claudia Pechstein mit den Worten: „Der Auftritt war brillant.“ 

Tatsächlich war die Rede so brillant, dass es allein rhetorisch gesehen etwas gedauert hat bis ich aus den Worten „in den inschell Studien“ herausfinden konnte was Frau Pechstein überhaupt meint. Nach längerer Suche, ein Treffer. Tatsächlich gibt es die 18. Shell Jugendstudie... Sie wissen was Shell ist? Das ist diese Firma, die dem niederländischen Königreich gehört, bei der man zum Tanken und Kippen kaufen hinfahren kann. 

Also ja, diese Firma hat in einer Jugendstudie im Jahr 2019 untersucht, wie die Generation der 12- bis 25-Jährigen heute in Deutschland aufwächst: Welche Rolle spielen Familie und Freunde, Schule und Beruf, Digitalisierung und Freizeit. Und ebenfalls: Wie stehen junge Menschen zu Politik, Gesellschaft und Religion?

Und was sind die tatsächlichen Ergebnisse dieser Studie? 97 Prozent der Jugendlichen geben an, dass ihnen „gute Freunde“ wichtig sind, 94 eine „vertrauensvolle Partnerschaft“ und 90 Prozent ein „gutes Familienleben“. Und interessanterweise ist bei nur 42 Prozent der Befragten das Verhältnis zu ihren Eltern übrigens bestens…. 

Ich will sie nicht weiter mit Zahlen belästigen. Was ich in dieser Studie jedenfalls nicht gefunden habe, sind Ergebnisse, die auf die Sätze: „Sie wollen eine traditionelle Familie, sie wollen Mama und Papa.“ hinweisen. Diese Aussagen sind schlichtweg Falschaussagen und sie sind vor allem queerfeindlich! Denn sie grenzen queere Lebensformen aus, sie nehmen eine Segregation vor von „traditionellen Familien“ und „die Anderen“ und zeichnen ein Bild, dass man den Bedürfnissen von Kindern nicht nachkommt, wenn die Eltern in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. 

Der Effekt, den Claudia Pechstein in Uniform damit erreicht, der ist an Negativität leider kaum zu überbieten. Hier unter uns sitzen Mitglieder von VelsPol und Ansprechpersonen LSBTIQ* der Polizei aus ganz Deutschland, die sich seit Jahren mit Herzblut und hoher Motivation als Bindeglied zwischen Polizei und der queeren Community einsetzen. Durch die Schaffung der Ansprechstellen LSBTIQ* ist es also offensichtlich Aufgabe der Polizei die Lebensweisen queerer Menschen zu schützen, während eine Polizistin, im Tempo einer Olympiasiegerin im Eisschnelllauf das errungene Vertrauen queerer Menschen zur Polizei schlagartig komplett abräumt. Während in Deutschland gerade eine Welle linkspopulistischer Proteste gegen Polizist*innen an CSD Veranstaltungen durch das Land fegt, ist es „eine von uns“ die auf dem Silbertablett den Argumentationsstoff für diese Gruppierung bietet, dass die Polizei rassistisch, rechtsextrem und queerfeindlich ist. Nicht nur, dass sie unsere Arbeit damit erheblich erschwert, scheint ihr nicht bewusst zu sein, dass es ihr staatlicher Auftrag ist, queere Menschen, Geflüchtete, Sinti und Roma und wen sie noch alles in ihrer Rede verunglimpft hat, besonders zu schützen. 

Die Rechte queerer Menschen sind Menschenrechte. Sie sind Teil der freien Entfaltung der Persönlichkeit und damit Ausfluss unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Auf diese Grundwerte hat Frau Pechstein einen Eid geschworen. Auf diese haben alle Polizist*innen im Land einen Eid geschworen. Und ich mahne an, dass das nicht allen bewusst ist, denn wir erleben es im täglichen Dienst: 

Claudia Pechstein ist kein Einzelfall. 

Denn das gefährliche an diesen Aussagen ist nicht, dass eine einzige, wenn auch berühmte Polizistin diese Aussagen trifft. Dann wäre das hier an dieser Stelle nämlich nicht der Rede wert. Nein, das gefährliche ist, dass Frau Pechstein mit ihren Worten in der Gesellschaft und in der Polizei auf sehr positiven und willkommenen Nährboden trifft. Ihre Aussagen werden befürwortet von Menschen, die sich für demokratisch halten. Die einen erkennen weder den Rassismus, noch die Queerfeindlichkeit in ihren Aussagen und noch einen Schritt weiter behaupten wiederum andere in der Polizei: „Na, endlich sagt sie mal die Wahrheit.“ Dieser Auftritt ist also symptomatisch für die geistige Haltung von Teilen in der Politik, der Gesellschaft und von Teilen in der Polizei. Das macht mir persönlich als queere Person tatsächlich Angst. Und da habe ich noch nicht mal die Wahlergebnisse der AfD angesprochen. Das führt mich dazu Ihnen aufzuzeigen in welchem schwierigen Spannungsfeld queere Polizeibeschäftigte und die Ansprechpersonen LSBTIQ* bei den Polizeien arbeiten und wie anspruchsvoll diese herausfordernde Arbeit ist. Zunächst einmal werden die Personen zufällig ohne eine Stellenbeschreibung ausgewählt. Immer wieder höre ich auch: „Ja, es war ja niemand anderes da, dann hab ich mich jetzt eben mal gemeldet.“ Diesen Freiwilligen wird dann abverlangt, die Aufgabe ohne jegliche Freistellung oder mit geringer Freistellung neben Ihrem Hauptjob auszufüllen. So erfordert diese Stelle also viel Eigeninitiative, Motivation und die selbstständige Aneigung von Fachkompetenz außerhalb der Polizei. Auf der anderen Seite, ist eine queerbeauftragte Person natürlich auch ein super Aushängeschild und eine tolle Werbung für die jeweilige Polizei. 

Die Öffentlichkeit zu nutzen ohne für ein pink washing der Behörde benutzt zu werden. 

Das ist tatsächlich ein schmaler Grat auf dem sich die Ansprechpersonen LSBTIQ* bewegen. Auf der einen Seite ein vorbildliches Markenzeichen für die Behörde, auf der anderen Seite erleben sie völliges Unverständnis von Kolleg*innen, dass die Polizei sich nun wirklich um alle Bedürfnisse von Minderheiten kümmert und dass es ganz allgemein ja keine Aufgabe für die Polizei sei und überhaupt ist LSBTIQ* irgend so ein Schmuddelthema oder die Indoktrination einer Ideologie. Als sei das noch nicht genug im Spannungsfeld, wird man auf der einen Seite gefeiert von der queeren Community, dass die Polizei sich endlich fachkompetent queeren Themen widmet, so wird man von einer anderen wiederum, vor allem von einer lauten und linkspopulistischen Gruppierung der Bevölkerung gehasst, indem sie skandieren: „No Cops am CSD“, denn Stonewall, der Ursprung des CSD war ein Aufstand gegen queerfeindliche Polizeigewalt. 

Info Stände werden in nahezu allen Bundesländern an CSD blockiert. Ein Streifenwagen wird angegriffen, wie zuletzt beim Frankfurter CSD oder wie bei einem CSD in Schleswig-Holstein, wird ein LSBTIQ* Infostand der Polizei an den Rand einer CSD Veranstaltung gedrängt und man wird gebeten ohne Waffe und Uniform aufzutauchen. Die einzelnen Strömungen in der queeren Community, die wie sie sehen auch gegenläufig sind,  sind auch dem Mangel an festen, queersensiblen Strukturen zu verdanken.

Man bietet uns ein trockenes Toast an und wundert sich, dass wir uns untereinander um die selbst organisierte und finanzierte Marmelade streiten. 

Da appelliere ich an die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den Ansprechpersonen LSBTIQ* -- Mit dieser Tätigkeit, sind sie insbesondere auch queerfeindlichen Anfeindungen ausgesetzt. Sowohl außerhalb, als auch innerhalb der Polizei. Diese besondere Belastung braucht dringend eine besondere Würdigung, in Form von Beförderungen, Personeller Ausstattung und Wertschätzung.  

VelsPol fordert daher eine regelmäßige und qualitativ hochwertige Ausbildung von Ansprechstellen LSBTIQ*. VelsPol fordert, dass die Ansprechstellen in jedem Bundesland in Vollzeit arbeiten können und die Anzahl in Abhängigkeit der Bevölkerungszahl einzurichten ist und VelsPol fordert im Rahmen einer Freistellung die fiktive Fortschreibung der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Qualität dieser wertvollen Tätigkeit für eine zukunftsorientierte Polizei. 

Eine oder zwei Ansprechpersonen LSBTIQ* in Freistellung für ein ganzes Bundesland, das ist schlichtweg zu wenig.   

Nun dürfen Sie sich fragen: Warum führe ich überhaupt die Aussagen von Claudia Pechstein an, die übrigens nach ihrer Rede mit der Einleitung eines Disziplinarverfahrens versorgt wurde. 

Ich führe das an, weil sie nicht irgendwer ist. Sie ist eine Olympiasiegerin, sie ist eine Polizistin, sie ist eine relative Person der Zeitgeschichte. Sie ist europaweit sogar weltweit bekannt. Was sie sagt, hat Gewicht. Es ist nicht abzutun mit: „Die ist halt rassistisch“ oder „die gehört eben zur AfD“. Nein. Es ist eine Stimme aus der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ und ihre Worte werden auch von dieser Mitte beklatscht. Und so komme ich zu Ihnen, liebe anwesende Ehrengäste. 

VelsPol Deutschland führt schon seit Mitte der 90er Jahre Bundesseminare durch. Dabei sind es nicht nur die wichtigen, inhaltsreichen Seminartage, bei denen wir wirklich gute Fachleute aus der Wissenschaft, von NGO und der Polizei zu queeren Themen zusammenziehen und vortragen lassen. 

Es ist diese so wichtige Eröffnungsfeier mit Ehrengästen aus der Politik und der Polizei. Denn was sie, liebe Ehrengäste sagen, das hat Gewicht und das wird gehört. 

Seien Sie alle die sogenannten queer Allys in ihren Ressorts, in ihren Abteilungen und in ihren Behörden und nehmen sie die Botschaft mit: 

Die Berücksichtigung queerer Lebensweisen und Identitäten, die Arbeit gegen Diskriminierung queerer Menschen in der Polizei, der Justiz und dem Zoll und die Arbeit gegen queerfeindliche Hasskriminalität

Das Ist kein NICE to Have,

Das ist ein MUST DO.

Wer, wie hier in Sachsen-Anhalt, frei nach dem Landesmotto #moderndenken will, der muss auch, wie unser Motto des Bundesseminares in #vielfaltdenken.

Wer sich in der heutigen Zeit zu Vielfalt klar bekennt, passende Maßnahmen trifft und zu Vielfalt eine klare Haltung entwickelt und Vielfaltdenkt, der hat aus unserer Sicht das Demokratieprinzip verstanden. Nur damit kann man sich auch ganz klar von rechten Kräften in diesem Land abgrenzen. 

Für das was ansonsten, ohne diese Abgrenzung auf uns zukommt, dafür müssen wir garnicht weit blicken. In Italien wird lesbischen Paaren gerade das Sorgerecht für die nicht gebärenden Mütter entzogen. In Ungarn wird ein Gesetz erlassen, dass es Menschen anonym möglich macht, gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern zu melden, damit Jugendämter die Kindeswohlgefährdung prüfen. Dort ist der Forschungsbereich der Gender Studies verboten und es ist verboten mit Minderjährigen über eine Geschlechtsangleichung zu sprechen. In Polen werden LGBTI freie Zonen eingerichtet inklusive Festnahmen von LSBTI* Aktivist*innen. Ich möchte Ihnen das nochmal vor Augen führen. 

Das was ich hier gerade tue. Diese Rede. Diese Veranstaltung. Dafür gehe ich in Polen und sicherlich auch anderswo in der Welt ins Gefängnis. 

Was durch eine solche Politik befeuert wird, dass haben wir vor ca. 2 Jahren in Bratislava gesehen, als es zu einem Anschlag vor der queeren Bar Teplaren kommt und zwei Männer dabei sterben. Seit dem hat diese Bar nicht mehr wieder eröffnet. Es wurden also nicht nur zwei Männer getötet und viele queere Menschen schwer verletzt. Das Teplaren war für viele LSBTIQ* Menschen Zuflucht, bedeutete Heimat, Ankommen, sich nicht erklären müssen, sich identifizieren können und vor allem man selbst sein können. Dieser Ort wurde ausgelöscht. 

Diese Entwicklung, die wir hier sehen, sie erreicht uns bereits. Das sehen wir leider eindrucksvoll daran, wie in Florida ein Drag Verbot erlassen wird, wie ein „don´t say Gay Gesetz in Schulen queere Bildung verbietet. Es werden Bücher verbannt und Menschen die tatsächliche Geschichte ihres Landes, sowie die Aufklärung über queere Lebensweisen untersagt. Das ist längst auch bei uns angekommen. 

Ok, diese Bücherverbannung, die einer Bücherverbrennung gleichkommt, die traut sich wohl noch niemand aus einer gewissen Symbolik heraus. Aber aus Bayern schwappt direkt auch nach Berlin herüber das Verbot von Drag Shows… Dieser laute Mop von queer Ungebildeten schafft es bei uns sogar, dass die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes verzögert wird und der Bevölkerung mit Hormongabe von Jugendlichen Angst eingejagt wird.

Nur by the way, wenn 14-Jährige Mädchen die Verhütungspille nehmen, dann sind das auch Hormone. – Aber das sei nur als Randnotiz benannt, um diese Doppelmoral bei der Debatte aufzuzeigen.  

Dieses unsichere Handeln in der Politik, diese Äußerungen, die queerfeindlich sind, wenn man zum Beispiel gegen eine Regenbogenfahne am Bundesinnenministerium tweetet, das nimmt die Bevölkerung wahr. Queere Menschen versetzt das in Angst. Und Queerfeindlichen Täter*innen spielt es auf der Straße in die Hände. 

Es gibt für uns einen Kausalzusammenhang zwischen heteronormativen und queerfeindlichen Äußerungen und dem Anstieg queerfeindlicher Hasskriminalität.  1051 Fälle bundesweit im Jahr 2022. Das sind 3 Fälle am Tag. Und die Dunkelziffer ist immens. 

Aus verschiedenen Faktoren. Queere Menschen, wollen keine Anzeige erstatten, weil sie queerfeindliches Verhalten schon gewohnt sind. Wer als Mensch in einer queerfeindlichen Welt, auch und gerade zuhause aufwächst und dann entdeckt selbst queer zu sein, der hat einen langen Weg vor sich, die eigene erlernte Homofeindlichkeit oder Transfeindlichkeit abzulegen. Der Schaden, der eine heteronormative Welt an queeren Kindern, an queeren Erwachsenen begeht, den interessiert leider niemanden. „Zum Schutz unserer Kinder“ skandieren konservative Kräfte. Das aber im Grunde kann nur bedeuten: Erziehung zu Vielfalt. 

Weil das alles auf uns zukommen wird und queere Menschen das schon lange sehen, müssen queere Rechte in den Strukturen und in den Gesetzen fest verankert werden. Daher möchte ich mit Ihnen gerne kurz einen Blick in die Landesverfassung unseres Gastgeberlandes Sachsen-Anhalt werfen. 

Ich frage mal etwas süffisant in die Runde: Wann haben sie das letzte Mal über ihre Präambel diskutiert? In der Präambel beruft sich die Landesverfassung Sachsen-Anhalt in Achtung der Verantwortung vor Gott und im Bewusstsein der Verantwortung vor den Menschen. 

Bei dem Brandanschlag im Berliner Tiergarten am gestrigen Tag am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen, berufen sich die Täter ebenfalls auf Gott. Religiös begründete Homofeindlichkeit ist nach wie vor ein gesellschaftliches Phänomen und eine verfassungsmäßige Grundlage in der Verantwortung auf Gott zu erlassen ist da schon eine wirklich schwierige Grundlage. 

Nun entfaltet die Präambel im Gegensatz zum Artikel 5 ihrer Landesverfassung keine bindende Wirkung. Der Artikel 5 umfasst die allgemeine Handlungsfreiheit in Sachsen-Anhalt und ist durch einen möglichen Verstoß gegen das Sittengesetz eingeschränkt. Das Sittengesetz, das ist historisch gesehen ein äußert prekäres Problem. Man berief sich bei der Verfolgung homosexueller auf die Sittengesetze und es war ganz klar, wer homosexuell ist, der steht mit seinem Verhalten außerhalb der Sittengesetze. Das heißt: Bist du homosexuell, dann hast du keinen verfassungsmäßigen Schutz. Unser Apell an die Landesregierung ist also, diesen Passus zu streichen. Ich weiß, dass Jurist*innen sich darauf berufen, dass die Sittengesetze immer im Lichte eines jeweiligen gesellschaftlichen Zeitgeists zu betrachten sind und dieser Passus heute nicht mehr das bedeuten soll, was er damals bedeutet hat. Allerdings habe ich Ihnen die letzten 10 Minuten ja schon deutlich die queere Perspektive auf momentane gesellschaftliche Situation dargelegt. Eine Situation in der wir Angst haben müssen, dass Rechte Kräfte in unserem Land einflussreiche und machtvolle Positionen übernehmen. Und in welchem Lichte dann ganz schnell wieder die Sittengesetze betrachtet werden, dass konnten sie am AfD Parteitag in Magdeburg deutlich hören. Als staatlich geprüfte Kinderficker werden Homosexuelle da bezeichnet und die Aussage wird bejubelt und beklatscht. Die Strukturen müssen so geschaffen sein, dass LSBTIQ* Personen nicht mehr in ständiger Angst vor Repressalien leben müssen. Dazu gehört auch die Streichung dieses Passus in der Landesverfassung. 

Unseren Gästen möchte ich zur Landesverfassung allerdings auch etwas Hoffnungsvolles und Positives berichten. Im Artikel 7 ist der Schutz des Geschlechts und der sexuellen Identität fest verankert. Damit sind sie im Bundesvergleich eines von 5 weiteren Bundesländern, die diesen Schutz dort verankert haben. Wir sagen ganz klar: Daumen hoch, dickes Lob dafür! 



 

Zum Schluss meiner Rede möchte ich nochmal zurück kommen zu den Fehlinformationen von Frau Pechstein und möchte diese hier richtigstellen, damit wir alle nachher beim kleinen Vernetzungsimbiss auch eine wahrhaftige Gesprächsgrundlage haben. 

First of all: Ich konnte darüber keine einzige Studie finden, die belegt, dass Kinder Mama und Papa brauchen. Wohl aber konnte ich eine Vielzahl von Studien finden über Kinder in Regenbogenfamilien. 

Regenbogenfamilien sind homosexuell lebende Paare, die gemeinsam Kinder bekommen. Der LSVD titelt auf seiner Homepage dazu: 

„Viele internationale Studien belegen inzwischen: Weder Kindeswohlgefährdung noch andere Nachteile für Kinder in Regenbogenfamilien.“

Und wissen Sie, selbst das zeigt in welcher Situation wir queere Menschen hier stecken. In der Situation, dass man davon ausgeht, dass es eine Kindeswohlgefährdung sein könnte, wenn Kinder in Regenbogenfamilien leben und dass es wiederum mit einer Studie widerlegt werden muss. Dabei zeigen lauteiner im September 2020 veröffentlichten niederländischen Studie Kinder und Jugendliche, die in Regenbogenfamilien aufwachsen, bessere schulische Leistungen als diejenigen, die in Haushalten mit Vater und Mutter leben. Dafür wurden offizielle Daten erhoben von rund 3.000 mit zwei Müttern oder zwei Vätern lebenden Kindern und Jugendlichen, die zwischen 1998 und 2007 geboren wurden

Was wäre das für ein Hit! Wenn ein Headliner einer Zeitungsnachricht lauten würde: 

„Kindern aus Regenbogenfamilien die schlaueren Kinder, als Kinder aus Heterofamilien.“  

Was wäre das für ein Kracher, wenn wir skandieren, „Kinder adoptieren? Für Regenbogenfamilien ab jetzt einfacher als für andere!“ 

Könnten wir machen, wollen wir aber nicht! Und warum nicht? Weil wir gleiche Rechte haben wollen, nicht mehr und nicht weniger. 

Und außerdem schauen wir uns Studienergebnisse auch genauer an. Aufgrund der nach wie vor stattfindenden Diskriminierung im Abstammungsrecht, aufgrund der mangelhaften Unterstützung in Kinderwunschzentren und weil das Kinderkriegen bei homosexuellen Paaren eben nicht ausversehen passiert, sind die in der Studie betrachteten Kinder absolute Wunschkinder aus Familien, die sich Leihmutterschaft, künstliche Befruchtungen und Stiefkindadoptionen auch einfach leisten können. Eine starke finanzielle Grundlage setzt oftmals eine gut situierte berufliche Situation voraus. Damit bilden Kinder aus Regenbogenfamilien im Durchschnitt eine gewisse privilegierte Gruppe. Ich möchte diese Aufklärung nun nicht weiter vertiefen, sondern sie alle einladen: 

Wenn Sie etwas zu queerer Sicherheit wissen wollen, zu Gesetzesänderungen für queere Menschen, zum Selbstbestimmungsgesetz, zur Änderungen des Grundgesetzes (Art. 3) damit Geschlechtsidentität und sexuelle Identität auch geschützt wird. Wenn Sie etwas wissen wollen über die Unterbringung von trans* Personen in JVA´en, oder bevor sie evtl. einen hässlichen Tweet zur Durchsuchung von trans*Personen absetzen…Schlichtweg: Queere Themen und Polizei, wenn ihnen das begegnet, dann fragen Sie Fachleute. Zum Beispiel die Ansprechstellen LSBTIQ* oder VelsPol Deutschland und seine Landesorganisationen! Bei aller Kritik an polizeilich unsensiblen Strukturen. Bei aller Kritik an den gesellschaftlichen No goes für queere Menschen, reichen wir die Hand zur positiven Veränderung. Wir möchten ein Teil davon sein.

Vielen Dank!